Samstag, 16. Juli 2011

Termin-Frust und Krawall-Ängste vermiesen den Auftakt

Termin-Frust und Krawall-Ängste vermiesen den Auftakt

Zum Auftakt ein Risikospiel: Cottbus gegen Dresden. Die Zweitligasaison beginnt früh und voller Brisanz. Die Laune ihrer Verantwortlichen ist deswegen schon versaut.

Frankfurts Trainer Armin Veh

Der Plan hörte sich gar nicht schlecht an. Weil die Bundesliga von Jahr zu Jahr beliebter wird, hatte sich der Ligaverband DFL im vergangenen Spätherbst folgenden Gedanken überlegt: Die Zweite Bundesliga mit vielen finanziell wankenden Traditionsvereinen hat sportlich so viel zu bieten, dass sie mal aus dem Schatten der Ersten Liga heraus müsse. Also entschied man sich, den Saisonstart der Liga ein paar Wochen nach vorne zu verlegen – „das Alleinstellungsmerkmal der Liga stand für die meisten eindeutig im Vordergrund“, erklärt Augsburg-Manager Andreas Rettig, dessen Verein zwar mittlerweile erstklassig spielt, der jedoch als DFL-Vorstand an der Spielplanbestimmung beteiligt war.

Doch nun hat man den Salat. Ligaweit machte sich schon vor dem Auftakt an diesem Freitagabend Frust über den frühen Start breit. Eintracht Frankfurts Trainer Armin Veh etwa schimpfte: Für mich ist die Regelung Unsinn. Ein Praktiker kann das nicht initiiert haben.“ Cottbus-Trainer Claus-Peter Wollitz ging noch weiter: „Das ist unverantwortlich. Es ist eine Katastrophe, Schwachsinn, unlogisch.“ Und Hans-Jürgen Boysen, Trainer des FSV Frankfurt, der als einziger der 36 deutschen Profivereine gegen den Frühstart stimmte, sagt: „Ich sehe keine stichhaltigen Argumente dafür.“

Dresden hat nur einen Stürmer
 
Die Trainer fürchten Verletzungen wegen der kurzen Pause. Manche Vereine, etwa 1860 München, gaben ihren Spielern nur rund zweieinhalb Wochen frei, ehe sie zur Vorbereitung auf die neue Saison wieder antreten mussten. „Man muss aufpassen, dass man nicht überzieht. Die Spieler hatten kaum Regeneration“, sagte 1860-Trainer Reiner Maurer, und Aachens Coach Peter Hyballa erklärte: „Das ist einfach zu wenig. Mich würde mal interessieren, ob Mediziner oder Sportwissenschaftler dabei waren, als über den frühen Start gesprochen wurde.“

Neben den erwarteten Verletzungen aufgrund der arg verkürzten Erholungsphase, mit denen Aachens Manager Erik Meijer ab „Ende September, Anfang Oktober“ rechnet, ärgern sich die Vereine auch darüber, dass sie ihre Kader kaum planen konnten. Dresdens Trainer Ralf Loose etwa schimpfte, nach dem Aufstieg keine Zeit gehabt zu haben, seine Abgänge zu ersetzen. Nun hat er beim Saisonstart in dem Tschechen Pavel Fort nur einen Stürmer im Kader und sagt: „Natürlich habe ich Angst, dass er sich verletzt, denn dann stehe ich ohne Angriff da. Wir brauchen noch fünf Spieler.“


„Der Markt ist tot“
 
Und bei 1860 München haben sie sich nach der vermiedenen Pleite durch den Einstieg des arabischen Investors Hasan Ismaik einen derart knallharten Sparplan auferlegt, dass sie jene Spieler, die in ihren Augen zu viel Geld verdienen, lieber heute als morgen abgeben möchten. Das einzige Problem dabei: Noch gibt es keine Anfragen. 1860-Sportchef Florian Hinterberger erklärt: „Wir wollen Antonio Rukavina und Djordje Rakic abgeben. Aber der Markt ist tot. Wir Zweitligisten sind eben viel früher dran als alle anderen, da müssen wir uns gedulden.“

Doch die Terminierung ist nicht mal das größte Problem, mit der die Zweite Liga in die neue Saison startet. Weitaus größere Sorgen bereitet den Vereinen die Vielzahl sogenannter Risikospiele, die durch die brisante Ligakonstellation entsteht. Die Anhänger aller drei Aufsteiger – Dresden, Hansa Rostock und Eintracht Braunschweig – sind nicht unbedingt für ihr friedliches Auftreten bekannt. Und dass die Fans von Erstligaabsteiger Eintracht Frankfurt zuletzt sogar selbst als „Randalemeister“ feierten, löst bei den Zweitligaverantwortlichen auch nur geringe Begeisterung aus. Da überrascht es kaum, dass Rainer Wendt, der Vorsitzende der deutschen Polizeigewerkschaft, zuletzt vermutete: „Die Zweite Liga droht zur Chaos-Liga zu werden.“