Montag, 26. Dezember 2011

Gabriel gegen Rücktritt von Wulff

Gabriel gegen Rücktritt von Wulff



SPD-Chef Gabriel hat sich dafür ausgesprochen, Bundespräsident Christian Wulff im Amt zu halten. Er befürchtet, dass Deutschland in eine schwere Krise schlittern könnte, wenn schon wieder ein Staatsoberhaupt den Hut nimmt. Gleichzeitig fordert er eine „rückhaltlose Aufklärung“.



Es wäre verheerend und nahe an einer echten Staatskrise, wenn innerhalb von zwei Jahren zum zweiten Mal ein Bundespräsident zurückträte“, sagte Sigmar Gabriel der Zeitung „Die Welt“ vom Dienstag. „Rückhaltlose Aufklärung soll nicht zum Rücktritt, sondern zu einer Rückkehr in eine angemessene und glaubwürdige Amtsführung führen.“

Wulff war in den vergangenen Wochen in Kritik geraten, weil er als niedersächsischer Regierungschef einen Privatkredit von der Frau des befreundeten Unternehmers Egon Geerkens angenommen hatte. Als er von den Grünen im Landtag befragt wurde, ob er mit Geerkens geschäftliche Beziehungen unterhalte, verneinte er. Den Kredit ließ er unerwähnt. Später kam heraus, dass der Unternehmer die Kreditbedingungen ausgehandelt hatte und das Geld von einem gemeinsamen Konto stammt. Wulff beteuert, dass die 500 000 Euro aber von Edith Geerkens stammen. Am vergangenen Donnerstag entschuldigte sich Wulff dafür, nicht sofort über den Kredit informiert zu haben.


Gabriel rügt Wulffs Verhalten

Gabriel sagte, es müsse vor allem im niedersächsischen Landtag geklärt werden, ob Wulff sich als Ministerpräsident an Recht und Gesetz gehalten habe. Außerdem gehe es darum, ob Wulff der Öffentlichkeit die Wahrheit gesagt habe. Würden die offenen Fragen nicht beantwortet, wäre „der Schaden für das Amt des Bundespräsidenten und für das Vertrauen in die Politik enorm“.

Träger öffentlicher Ämter dürften auch Fehler machen, müssten aber „besonders klar, eindeutig und glaubwürdig“ damit umgehen, sagte Gabriel. „Taktisches Verhalten und Bauernopfer wie die Entlassung seines Pressesprechers sind fehl am Platz.“

Der SPD-Chef erinnerte daran, dass Wulff „seinen moralischen Anspruch sehr klar formuliert“ habe. Sein Buch „Besser die Wahrheit“ sei ein schönes Beispiel dafür. „Daran muss er sich jetzt messen lassen“, sagte Gabriel.


Gabriel für Offenlegung der Politikereinkünfte

Weiter regte der Sozialdemokrat neue Anstrengungen an, um das Vertrauen der Bürger in die Politik zu stärken. „Die Affäre Wulff berührt nicht nur die Glaubwürdigkeit des Bundespräsidenten. Sie trägt dazu bei, dass das Grundvertrauen in die Politik weiter abnimmt.“ Um der Politikverdrossenheit zu begegnen, brauche man eine „neue Ehrlichkeit. Wir müssen uns an unsere eigenen Regeln halten. Und manchmal müssen wir uns auch neue Regeln geben.“

Er forderte, sämtliche Einkünfte von Politikern sollten offengelegt werden. Die Bürger hätten ein Recht darauf zu wissen, wer ihre Abgeordneten bezahlt. Die Politik müsse sich auch viel mehr wehren gegen die Einflussnahme von Lobbyisten.


„Neue Instrumente direkter Demokratie“

Außerdem müssten „neue Instrumente direkter Demokratie“ geschaffen werden. Volksabstimmungen über Gesetze oder Gesetzesvorhaben auf Bundesebene hätten „eine heilsame Wirkung“ auf die Politik. Gabriel: „Wenn Politiker wüssten, dass notfalls das Volk noch einmal über ein im Parlament verabschiedetes Gesetz abstimmen kann, würden sie sich viel mehr Mühe bei der Gesetzgebung und bei der öffentlichen Begründung geben.“ Dieses Verfahren würde"mehr Ernsthaftigkeit und Substanz in die Politik bringen.