Sonntag, 6. März 2011

Bahn-Chef leistet Abbitte

Bahn-Chef leistet Abbitte

Hektik am Bahnsteig: Eine Mutter aus Brandenburg wurde von ihrer Tochter getrennt


Ist das die neue Pünktlichkeit der Bahn? Um den Fahrplan einzuhalten, schickte man eine Zweijährige mit dem Zug durch halb Brandenburg. Die Mutter musste dem Kind im Streifenwagen hinterherjagen. DB-Chef Rüdiger Grube entschuldigt sich.

Hamburg/Pritzwalk - Steckt den Schaffnern der Deutschen Bahn noch das Chaos des letzten Winters in den Knochen? Ist man der ewigen Beschwerden erzürnter Kunden über Verspätungen überdrüssig? Anders ist nicht zu erklären, weshalb es ein DB-Mitarbeiter ablehnte, einen Zug zu stoppen, obwohl darin ein zweijähriges Kind ohne Begleitung unterwegs war.

Nachdem die Mutter am Freitag auf dem Bahnhof mit dem Kinderwagen ausgestiegen war, schlossen sich die Türen, und der Zug fuhr mit der Tochter los. Die Mutter wandte sich an einen Bahn-Angestellten. Nach einem Bericht des "Tagesspiegel" weigerte der sich, den Zug zu stoppen, weil sonst der Fahrplan durcheinandergeraten wäre. Dass das Kind über sieben Zwischenstationen bis nach Neuruppin mitfahren musste, begründete eine Bahn-Sprecherin in der Zeitung mit dem Warnstreik der Lokführer. Am Freitagvormittag habe es aufgrund des Streiks keinen Gegenzug gegeben, mit dem das Kind hätte zurückgeschickt werden können.


Der Fahrdienstleiter aus Pritzwalk nahm jedoch immerhin Kontakt zum Zugführer auf und wies ihn an, sich um das kleine Mädchen zu kümmern. In Neuruppin nahmen Mitarbeiter der Bahn das Kind in Empfang. Unterdessen brachte die Polizei die Mutter mit einem Streifenwagen nach Neuruppin, wo ihr die Tochter schließlich übergeben wurde.

Die Deutsche Bahn AG entschuldigte sich am Sonntag für den Vorfall. Bahn-Chef Rüdiger Grube wandte sich nach Angaben eines Bahn-Sprechers persönlich an die Mutter. Zudem versprach das Unternehmen, die Hintergründe des Geschehens aufzuklären. Das ist auch dringend nötig, will die Bahn ihr ramponiertes Image in Sachen Kundenpflege und Kinderfreundlichkeit aufpeppen.

In der Vergangenheit hatte die Bahn wiederholt negative Schlagzeilen gemacht, weil Zugbegleiter Jugendliche oder Kinder ohne Fahrschein des Zuges verwiesen hatten. Vor rund einem Jahr hatte eine Schaffnerin in Königs Wusterhausen abends bei klirrender Kälte eine 16-Jährige aus dem Zug geworfen, weil das Mädchen nicht genügend Fahrgeld dabei hatte.