Samstag, 5. März 2011

Bundesliga - Hannover im Rausch, Bayern vorm Tausch

Bundesliga - Hannover im Rausch, Bayern vorm Tausch

"Mir san mir" war einmal. Verunsichert und schwächlich trat Bayern München in Hannover auf. Mitteilungsbedarf hatte beim Rekordmeister kaum jemand, (Noch-)Trainer Louis van Gaal wirkte seltsam demütig.

Aus Hannover berichtet Alexander Marner




Die Kulturtasche von Louis Vuitton fest im Griff, den Blick auf den Boden gesenkt, die Schrittfrequenz hoch. Auffällig flott wurde Bayern Münchens Breno nach Spielende zum Mannschaftsbus eskortiert. Geleitschutz gaben Medienchef Markus Hörwick und Sportdirektor Christian Nerlinger. Um keinen Preis sollte der Verteidiger mit Journalisten oder Fans sprechen. In der 73. Minute des 1:3 von Hannover hatte der Brasilianer nach einem Tritt gegen Lars Stindl Rot gesehen und damit dem bayrischen Debakel das i-Tüpfelchen aufgesetzt.

"Breno hat eine dumme Schlagbewegung gemacht", maßregelte FCB-Trainer Louis van Gaal seinen Defensivakteur. Verloren war das Duell der Champions-League-Aspiranten freilich schon vorher. "Meine Spieler haben mit Löwenherz gekämpft und nach dem Anschlusstor schien auch noch etwas möglich", sagte van Gaal, "doch das 3:1 war tödlich."

Per Distanzschuss hatte Hannovers Mittelfeld-Maestro Sergio Pinto Bayern-Schlussmann Thomas Kraft in der 62. Minüte düpiert. "Man ist verunsichert, wenn man zuvor zweimal hintereinander verloren hat", sagte der unglückliche Torwart und appellierte an seine Kollegen: "Die wichtigste Maßnahme ist jetzt, an uns zu glauben." Vor dem Seitenwechsel traf Mohammed Abdellaoué (16. Minute) für 96, Konstantin Rausch erzielte das 2:0 (51.).

Einzig Robben spielte passabel

Geringen Mitteilungsbedarf hatte ohnehin die Mehrheit des Bayern-Trosses. "Ich sage nichts", schnaufte Präsident Uli Hoeneß, nachdem er mit seinen Vorstandskollegen Karl-Heinz Rummenigge und Karl Hopfner die Gästekabine verlassen hatte. Entscheidungen solle man "nicht nach dem Spiel, sondern rational" treffen, so Rummenigge vielsagend. Eine Entlassung van Gaals ist wahrscheinlicher als jemals zuvor.

Nur Arjen Robben, Torschütze des 2:1 in der 55. Minute und einziger Bayern-Spieler mit einer passablen Leistung, setzte kein Beerdigungsgesicht auf und gewährte Einblicke in das Innenleben des Rekordmeisters. "Die Lage wird immer gefährlicher, wir müssen aufpassen", mahnte der Niederländer.

Gegen einen verunsicherten, reaktions- und ideenarmen FC Bayern blieb Hannover 96 fast gar keine Wahl, als zu gewinnen. "Wir haben schnell Zugriff gekriegt und Nadelstiche gesetzt", analysierte Heimtrainer Mirko Slomka und ließ es sich sogar nicht nehmen, kumpelhaft mit Lokaljournalisten zu scherzen. Derweil starrte der sichtlich mitgenommene van Gaal ins Nichts: "Nach drei Niederlagen in Folge wird es schwierig."

"Habe immer meine Arbeit gemacht"

"Den Druck auf mich kann ich nicht beurteilen", orakelte der angezählte Trainer der Münchner. Demütig, fast kleinlaut wirkte der sonst so wortgewaltige Starcoach der Süddeutschen, ganz anders als noch bei der bizarren Ego-Pressekonferenz am Tag zuvor. "Ich habe immer meine Arbeit gemacht, auch in schwierigen Zeiten. Bis jetzt habe ich immer gefühlt, dass der Vorstand Vertrauen in mich hat", sagte van Gaal.

Damit dürfte es vorbei sein. In Anspielung auf die Proteste des Bayern-Anhangs gegen eine mögliche Verpflichtung des Schalkers Manuel Neuer hatten 96-Fans Grußplakate für die Gäste aus München gepinselt. "Koan Titel, koan Trainer" war dort zu lesen.

TV-Tipp:

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