Sonntag, 6. März 2011

Premierminister warnt vor sozialen Folgen

Premierminister warnt vor sozialen Folgen

Die chinesische Regierung hat beim Zusammentreffen des Nationalen Volkskongresses vor den Gefahren der Inflation für den Zusammenhalt des Landes gewarnt. Die Wirtschaftskrise hält Premierminister Wen Jiaboa für noch nicht überwunden.

Höchste Sicherheitsmaßnahmen während des Nationalen Volkskongresses in Peking


06. März 2011

Vor dem Nationalen Volkskongress gestand Premierminister Wen Jiabao am Wochenende außerdem ein, im abgelaufenen Fünfjahresplan wichtige Ziele nicht erreicht zu haben, etwa die Überbrückung sozialer Gegensätze. Die Wirtschaftskrise hält er für noch nicht überwunden. China will das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Durchschnitt der kommenden fünf Jahre auf 7 Prozent jährlich bremsen, um Überhitzungen vorzubeugen. Für dieses Jahr sind 8 Prozent geplant. 2010 hatte die Zunahme 10,3 Prozent betragen. Im Kampf gegen steigende Nahrungs- und Häuserpreise will China die Staatseingriffe erhöhen, obgleich es weiterhin den Status einer Marktwirtschaft anstrebt.

Während es trotz eines scharfen Sicherheitsaufgebots am Rande des Tiananmen-Platzes in Peking zu Protesten und Festnahmen kam, warnte Ministerpräsident Wen Jiabao in der benachbarten Großen Halle des Volkes vor den Folgen der Teuerung: „Dieses Problem rührt am Wohlergehen des Volkes, wirkt sich auf die Gesamtlage aus und beeinträchtigt die soziale Stabilität.“ Wen bezeichnete die Inflationsbekämpfung als „höchste Priorität“. 2011 sollen die Verbraucherpreise um nicht mehr als 4 Prozent steigen. Doch schon 2010 war die Inflation mit 3,3 Prozent stärker ausgefallen als das Ziel von 3 Prozent.


Immobilienblase

Eingriffe plant die Regierung auch am Wohnungsmarkt. Nach Ansicht von Banken hat die lockere Geldpolitik zu viel Liquidität für Liegenschaftskäufe bereitgestellt. In Verbindung mit einem Mangel anderer Anlageformen sei so eine spekulative Blase entstanden. Viele Mittelschichtfamilien könnten sich keine Wohnungen leisten, was zu Unmut führe. „Wir werden den Immobilienmarkt resolut regulieren“, sagte Wen. Er plant eine Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus sowie eine Verschärfung der Kredit- und Steuerauflagen, „um dem Kauf von Häusern zu Spekulations- oder Investitionszwecken Einhalt zu gebieten“.

Zur internationalen Lage sagte der Regierungschef, China sei zwar die erste Volkswirtschaft gewesen, die sich erholt habe. Die Schwierigkeiten seien aber nicht ausgestanden. „In diesem Jahr sieht sich unser Land immer noch einer äußerst komplexen Situation gegenüber. Die Weltwirtschaft wird sich weiter langsam erholen, aber die Grundlage dafür ist noch nicht haltbar.“ Das Wachstum in den Industrieländern sei schwach, die Schuldenkrise schwele weiter. Wichtige Volkswirtschaften hätten ihre Geldpolitik gelockert, wodurch die Liquidität gestiegen sei. In den aufstrebenden Märkten wüchsen die Vermögenspreisblasen und der Inflationsdruck. Der Protektionismus verschärfe sich. „Es gibt noch immer viele instabile und unsichere Faktoren“, warnte Wen.

Er gestand Versäumnisse während des abgelaufenen Fünfjahresplans ein, etwa steigende Rohstoff- und Umweltprobleme, zu große Einkommensgefälle und Stadt-Land-Gegensätze. Die Innovationsfähigkeit sei gering, die Landwirtschaft schwach. Wen kritisierte den ungleichen Zugang zu Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, illegale Enteignungen, Zwangsabrisse und die Korruption. „Wir haben ernste Schwierigkeiten damit, dass unsere Entwicklung noch nicht ausbalanciert, koordiniert und nachhaltig ist.“