Montag, 7. März 2011

Richter läuten Kehrtwende ein

Richter läuten Kehrtwende ein

Homöopathische Medikamente in einem Leuchtkasten


Weitere Entscheidungen – diesmal vom Bundesfinanzhof (BFH) – machen jetzt ebenfalls Furore (Az.VI R 17/09; VI R 16/09). „Die Richter läuteten einen Richtungswechsel ein und lockerten ihre nunmehr 30 Jahre alte strenge Rechtsprechung“, sagt Kauth. „Danach ist es nicht mehr zwingend notwendig, dass Krankheitskosten per Attest eines Amtsarztes oder des Medizinischen Dienstes einer Krankenkasse nachgewiesen werden, um als außergewöhnliche Belastungen anerkannt zu werden“, so Kauth. Es genügt ein einfaches Attest anderer Mediziner – zum Beispiel ein Nachweis des behandelnden Facharztes oder Hausarztes. Diese dürfen jetzt auch beurteilen, ob eine Krankheit eine bestimmte Maßnahme oder Therapie erfordert. Darüber hinaus ist es nicht mehr erforderlich, dass ein Attest vor der Maßnahme vorliegt. „Das kann auch später nachgereicht werden“, so Kauth. Damit sind die Hürden deutlich niedriger geworden, Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend zu machen.

Auch alternative Heilmethoden absetzbar
In puncto sogenannter Außenseitermethoden hat sich der BFH (Az. VI R 11/09) ebenfalls auf die Seite der Steuerzahler geschlagen. Die Richter urteilten: Auch die Aufwendungen für eine objektiv nicht zur Heilung oder Linderung geeignete Behandlung oder Maßnahme können Steuerzahler als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Damit können jetzt unheilbar erkrankte Menschen – etwa an Krebs, multipler Sklerose, Aids oder Alzheimer – die Kosten selbst dann steuerlich geltend machen, wenn sie sich für eine aus schulmedizinischer oder naturheilkundlicher Sicht nicht anerkannte Heilmethode entscheiden. Im Urteilsfall konnte so ein Patient die Kosten einer immunbiologischen Krebsabwehrtherapie mit nicht zugelassenen Medikamenten steuerlich absetzen.

Trotz steuerzahlerfreundlicher Entscheidungen müssen Bürger scharf rechnen. Der Abzug von Krankheitskosten wirkt sich erst dann aus, wenn sie einen bestimmten Prozentsatz als Eigenanteil getragen haben.