Sonntag, 6. März 2011

Ballack auf dem Abstellgleis

Ballack auf dem Abstellgleis

Bayer-Profi Ballack (l.), Trainer Heynckes: Gestörte Beziehung


In der Nationalmannschaft spielt Michael Ballack kaum noch eine Rolle. Nun wird der 34-Jährige auch bei seinem Club Bayer Leverkusen immer entbehrlicher. Als Ersatzspieler ist sich Ballack aber zu schade - und zickt.

Hamburg - "Ich habe diese Woche zwei Gespräche mit Michael geführt. Wir sind übereingekommen, ihn draußen zu lassen", sagte Bayer-Coach Jupp Heynckes am Samstag. Hörte sich gut an, klang nach gemeinsamer Entscheidung, war aber nichts anderes als die für die Öffentlichkeit verklausulierte Aussage: Ballack ist derzeit nicht gut genug für die erste Elf.

Also stand Ballack nicht im Kader für das Bundesligaspiel gegen Wolfsburg, das Leverkusen 3:0 gewann. Stattdessen absolvierte er ein 90-minütiges Einzeltraining am Vormittag. Der Mittelfeldspieler wolle "unabhängig vom Spielkalender" etwas gegen "seine vorhandenen Defizite" tun, teilte der Bundesliga-Zweite mit. Gemeint war die mangelnde körperliche Fitness Ballacks.


Für einen Spieler wie Ballack ist solch eine sportliche Degradierung die Höchststrafe. Nach Bundestrainer Joachim Löw plant auch Heynckes nicht mehr als Stammspieler mit dem 34-Jährigen, der im vergangenen Sommer mit hohen Erwartungen vom Londoner Club FC Chelsea nach Leverkusen gewechselt war und seitdem kaum im Einsatz war.

Wegen Verletzungen fiel Ballack Monate aus, nun muss er sich ganz weit hinten anstellen. Das kann der Routinier nicht, das will er nicht. Er hält sich noch immer für einen Spieler, der in die erste Elf gehört.

Heynckes, auch ein Routinier, sieht es anders. Der 65-Jährige, der 1998 mit Real Madrid die Champions League gewann, sagt über Ballack: "Er ist nicht so fit wie drei oder vier andere Spieler, die zur Verfügung stehen." Und er sagt: "Michael ist es nicht gewohnt, von der Bank zu kommen. Er ist ein Spieler, der sein Leben lang von Anfang an gespielt hat."

Termin für Ballacks Rückkehr in den Kader offen

Das hört sich nicht so an, als ob es noch eine konstruktive Lösung dieses Konflikts geben könnte. Die Aussagen klingen eher nach verhärteten Fronten, wenngleich Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser versucht, den fundamentalen Dissens kleinzureden: "Die Situation ist halb so dramatisch."

Für Heynckes und Ballack ist die Situation aber dramatisch. Am Ende könnte die Trennung stehen. Der Coach kann seinem halsstarrigen Altstar nicht nachgeben, weil sonst seine Reputation im Team leidet. Ballack kann nicht nachgeben, weil er nicht nachgeben kann. Er hat es nie gelernt, er war zuletzt immer der Bestimmer. Nun wird über ihn bestimmt, das tut weh.

Am kommenden Donnerstag bestreitet Leverkusen die nächste Begegnung. Im Hinspiel des Achtelfinals der Europa League trifft Bayer auf den spanischen Spitzenclub FC Villarreal (18 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE). Ob Ballack wieder im Kader stehen würde, wurde Heynckes gefragt.

Der Trainer, der Ballack selbst dann nicht aufstellt, wenn es viele verletzte, kranke oder gesperrte Profis gibt, sagte: "Wir haben heute ein richtig gutes Spiel gemacht, da hat es die Mannschaft verdient, dass man sie heraushebt." Auf die Ballack-Frage antwortete er nicht.


Von Ballack selbst war bislang nichts zu vernehmen, was sein Einzeltraining oder seine Rückkehr in den Kader betrifft. Was sollte der 98-malige Nationalspieler, der die 100 wohl nicht mehr vollmachen wird, auch sagen?

Der Satz, der verhindern könnte, dass es in Leverkusen richtig knallt - "Ich habe kein Problem damit, nur noch Ersatz zu sein, und akzeptiere meine neue Rolle" - wird Ballack nicht über die Lippen kommen. Einmal Alphatier, immer Alphatier. Bis zum bitteren Ende.